von Stephan Kokerbeck
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30 Sept., 2019
Wozu soll ein Rahmen dienen? Hat er überhaupt eine Berechtigung, besonders beachtet zu werden? Schon die Historie aber gibt darauf eine positive Antwort. Auf alten Fresken sind die ersten "Rahmen" in Form ästhetischer Umrandungen zu sehen. Die einzelnen Freskomalereien sind von Ornamenten und Strichen, teils farbig, teils vergoldet, rahmenmäßig abgegrenzt. Die ersten plastischen Rahmen sind dann um etwa 1250 zu finden. In der Zeit der Renaissance, des Barock und Rokoko gewinnt der Bilderrahmen mehr und mehr an Bedeutung. Nach einer vielen hundert Jahre alten Stilgeschichte hat der Bilderrahmen also durchaus Berechtigung näher beachtet zu werden. Der Bilderrahmen zeigt sich zunächst nur als Hülle und Schutz - so, wie es auch die Herkunft des Wortes Rahmen besagt. Er wird aber zu einer sehr edlen Sache, nämlich dann, wenn man ihn mit dem Einband eines Buches, der mit einer Reliefprägung versehen ist, vergleichen kann. Wie zu dem Einband ein Buch gehört, so verlangt auch der Rahmen nach dem noch notwendigen Inneren, um ihn erst dann vollkommen zu machen. Vorher ist er lediglich ein Gestell, ein statisches Gefüge. Natürlich wirkt das Innere des Rahmens - das Bild - nicht weniger unvollkommen, solange es für sich alleine steht. Da Wand und Bild zwei völlig gegensätzliche Welten sind, ist es die Aufgabe des qualifizierten, fachlich geschulten Einrahmers mittels des Rahmens hier den Übergang zu schaffen. Jetzt, wenn der Rahmen mit viel künstlerischen Einfühlungsvermögen um das Bild gelegt ist, wenn er den Rand des Bildes geschmackvoll begrenzt, bekommt er seinen Wert und die eigentliche Existenzberechtigung. Wohin wir blicken, überall sind Grafiken und Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen von Rahmen verschiedenster Profile und Ausführungen, wie eckige, runde, farbige und vergoldete umgeben. Da die heutigen Bilderrahmen nach Vorlagen aller Stilepochen gefertigt werden können, wird man leicht zu einem wertvollen Gemälde des 18. Jahrhunderts, zu einem wertvollen Kupferstich, aber auch zu zeitgenössischen Grafiken den passenden Bilderrahmen finden. Aufgabe der heutigen Rahmen- und Einrahmungskunst ist es, zu Bildern aller Epochen und Stilrichtungen die verschiedensten Möglichkeiten und Profile zu suchen, um einen harmonischen Einklang zwischen Bild und Rahmen einerseits und dem Wohnstil andererseits zu finden. Die Skala der Möglichkeiten reicht vom einfachen Atelierrahmen bis zum handgearbeiteten, mit hochkarätigem Gold belegten Stilrahmen . Dieser darf, was Aufwand und Ausführung anbetrifft, heute als Krönung aller Rahmen bezeichnet werden. Es bedarf sowohl großer künstlerischer als auch fachlicher Qualitäten, um ein solches Stück zu fertigen und einrahmerische Verbindung mit dem Bild herzustellen. Zusammenfassend sei gesagt, dass der Bilderrahmen keine Nebensächlichkeit ist. So äußerte sich der spanische Philosoph Ortega y Gasset: "Bilder leben eingehegt von ihrem Rahmen. Diese Verbindung ist nicht zufällig. Ein Bild ohne Rahmen sieht aus wie ein geplünderter nackter Mensch" Aus dem Textarchiv von Klaus Kokerbeck